HINTERGRUND: Ein Land mehr als 2024 kriminalisiert heute LGBTI+

HINTERGRUND: Ein Land mehr als 2024 kriminalisiert heute LGBTI+
Es ist ein weiter Spagat zwischen praktisch vollständiger Gleichstellung queerer Menschen bis hin zur Verfolgung mit Todesstrafe: Derzeit gibt es noch immer 65 Länder weltweit, welche gleichgeschlechtliche Handlungen unter Strafe stellen, entweder im ganzen Land oder zumindest in Teilen. Dies ist somit ein Land mehr als noch im Jahr 2024.

Die rechtliche Situation für queere Menschen hat sich weltweit grösstenteils verschlechtert: Seien es die Angriffe auf die Rechte von trans Menschen, von den USA über Grossbritannien bis auch in die Schweiz, das Verbot von Pride-Veranstaltungen wie in Ungarn, die Verfolgung von queeren Menschen unter anderem in Russland, China oder Indonesien, oder auch die Attacken gegen die Ehe für alle wie etwa in den USA.

Doch es gibt sie trotzdem auch noch, jene Länder, in denen nach wie vor Fortschritte erzielt werden, etwa indem Partnerschaftsgesetze angekündigt werden wie in Polen oder in Hong Kong, oder die Ehe für alle in Kraft trat, wie in Liechtenstein oder auch in Thailand, wo die Standesämter regelrecht überrannt werden. Weiter ist auch die Verlängerung des Mandats des unabhängigen LGBTI+ Experten bei den Vereinten Nationen ein wichtiges Zeichen für die Queer Community.

Weltweit leben aber noch immer Millionen von queeren Menschen in Ländern, in welchen sie brutal verfolgt und in Leib und Leben bedroht sind. Aktuell sind es 65 Länder weltwelt, in welchen gleichgeschlechtliche Aktivitäten im ganzen Staat, oder zumindest in Teilen, verboten sind. Dies ist somit ein Land mehr als noch im vergangenen Jahr.  Dabei gab es einige Verschiebungen aufgrund von neuen Gesetzen und Gerichtsurteilen. In 12 Ländern ist dabei per Gesetzestext noch immer sogar die Todesstrafe möglich.

So hat Namibia gleichgeschlechtliche Handlungen per Gerichtsurteil entkriminalisiert. Im Pride Month 2024 erklärte nämlich das Supreme Court das noch aus Kolonialzeit stammende entsprechende Gesetz für ungültig. Im Januar diesen Jahres aber hat jedoch Mali ein neues Strafgesetz vorgestellt, mit welchem neu auch gleichgeschlechtliche Aktivitäten explizit verboten werden.

In Trinidad & Tobago in der Karibik wiederum wurde die Entkriminalisierung wieder rückgängig gemacht. Einvernehmliche, gleichgeschlechtliche Handlungen wurden 2018 durch ein Gericht legalisiert, doch da die Regierung dies nicht akzeptieren wollte und in Berufung ging, kam es im März zu einem neuen Urteil. Damit wurden gleichgeschlechtliche Aktivitäten wieder kriminalisiert. Nun wird der Privy Council in London, die oberste Gerichtsinstanz für Commonwealth Staaten darüber entscheiden. Trindad & Tobago hat die Gesetze gegen Homosexualität jedoch nicht mehr angewandt.

Dass noch heute so viele Länder Gesetze gegen queere Menschen kennen, liegt in den allermeisten Fällen an ihrer Geschichte und den europäischen Kolonialmächten, welche ihre feindlichen Ansichten und Gesetze in die Welt exportierten, allen voran das britische Empire. Diese Gesetze haben sich in den vergangenen fünfzig bis hundert Jahren vielerorts kaum verändert, und so kriminalisiert noch heute eine Mehrheit der 56 Staaten des Commonwealth gleichgeschlechtliche Handlungen. Von den derzeit 65 Ländern, welche gleichgeschlechtliche Handlungen kriminalisieren, sind es die Gesetze von 33, welche direkt mit der ehemaligen britischen Vorherrschaft in Verbindung gebracht werden können.

Andere Länder, wie etwa Indonesien, kriminalisieren gleichgeschlechtliche Handlungen indirekt. Bislang "nur" in ein paar Provinzen und Städten strafbar, führt das Land nun ein neues Strafgesetz ein, welches alle sexuellen Handlungen ausserhalb der Ehe verbietet. Da LGBTI+ Paare in Indonesien nicht heiraten können, sind gleichgeschlechtliche Handlungen somit ebenfalls strafbar. Die Frage stellt sich derzeit nur noch, wie das Gesetz diesbezüglich tatsächlich ausgelegt und angewandt wird.

Folgend jene Länder, in welchen einvernehmliche, gleichgeschlechtliche Aktivitäten unter Erwachsenen noch immer strafbar sind: 

In Afrika: Ägypten, Algerien, Äthiopien, Burundi, Eritrea, Eswatini (Swaziland), Gambia, Ghana, Guinea, Kamerun, Kenia, Komoren, Liberia, Libyen, Malawi, Mali, Mauritanien, Marokko, Nigeria, Senegal, Sierra Leone, Somalia, Südsudan, Sudan, Tansania, Togo, Tunisien, Uganda, Sambia, Simbabwe und Tschad.

In Asien: Afghanistan, Bangladesh, Brunei, Indonesien in den Provinzen Aceh und Südsumatra, sowie in vier Städten in weiteren Provinzen, Iran, Irak, Jemen, Katar, Kuwait, Libanon, Malaysia, Malediven, Myanmar, Oman, Pakistan, Palästina (nur im Gaza-Streifen), Saudi Arabia, Sri Lanka, Syrien, Turkmenistan, Usbekistan und die Vereinigten Arabischen Emirate.

In Amerika: Grenada, Guyana, Jamaica, St. Lucia, St. Vincent & die Grenadinen, sowie Trinidad & Tobago.

In Ozeanien: Kirbati, Papua-Neuguinea, Samoa, Solomonen, Tonga und Tuvalu.

In Europa hat Nordzypern, welches allerdings nur von der Türkei als Land anerkannt wird, als letztes gleichgeschlechtliche Handlungen entkriminalisiert, und zwar im Jahr 2014. In zahreichen Staaten steht die LGBTI+ Community jedoch sehr stark unter Druck, allen voran in Russland oder auch in Weissrussland.